Jörn, eigentlich Jörn-Ulrich, wurde kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Hamburg-Bergedorf in einer gutbürgerlichen Familie mit Seeoffizierstradition geboren. Viele Steckrüben habe es für ihn und seine Geschwister in der Notzeit gegeben – daher sei er auch so ein „Rübchen“ geworden, so erzählte er immer! Sein erster Kontakt mit „Fahrzeugen“ war ein Dreirad, dass er zum dritten Geburtstag geschenkt bekam und das der große Hit war. Leider machte die Familie bald die schreckliche Entdeckung, dass auch der zweite Sohn, Jörn, an Hämophilie litt. Schwere Zeiten standen bevor, da der ausgesprochen lebhafte Junge oft tagelang das Bett hüten musste oder monatelang im Krankenhaus war. Trotzdem ließ er sich nicht unterkriegen, sprudelte vor Energie, war, wie das Tagebuch der Mutter berichtet, vergnügt trotz aller Leiden. Mit besonderer Hingabe spielte er „Indianer“ – ein Interesse, das blieb und ihn noch viele Jahrzehnte später für die Rechte der Native Americans eintreten ließ. Ansonsten wurde sich die Zeit mit Malen und später Modellbau und Lesen vertrieben. Als Beidhänder schrieb er Spiegelschrift wie Leonardo da Vinci, und unterhielt seine Familie mit kräftigem Singen von Seemannsliedern.
Jörn liebte nicht nur Science-Fiction Geschichten (von denen er im Lauf seines Lebens eine tausende Bände umfassende Sammlung zusammentrug), sondern auch die handfeste wissenschaftliche Astronomie. Schon früh war er an der 1957 gegründeten Sternwarte Lübeck engagiert, und schließlich bei den „Hamburgischen Sternenfreunden“. Nachdem Jörn zum Studium nach Hamburg gezogen war, arbeitete er hier bei den „Hamburgischen Sternenfreunden“ und rief dort eine eigene Jugendgruppe mit eigener Zeitschrift ins Leben. Schließlich gründeten seine Mitstreiter und er den Verein „Volkssternwarte Hamburg“, der sich für die Einrichtung eben dieser in der Hansestadt einsetzte. Für die Amateurastronomen des Umlandes organsierte er Vorträge, Führungen, Beobachtungstermine und Diaabende im Planetarium. Außerdem gab er die kleine Zeitschrift „Der Observator“ heraus. Leider erteilte die Hamburger Behörde 1974 dem Projekt „Volkssternwarte“ eine endgültige Absage, aus finanziellen, aber auch politischen Gründen, waren doch Verein und Gründer eher „links“ denn bürgerlich-konservativ. Jörn zog sich daher aus dem Verein zurück, unterrichtete aber an der Volkshochschule weiterhin Grundkurse in Physik und Astronomie.
Wegen der Politik bekam er sich nicht nur mit dem „Establishment“ in die Haare, sondern des Öfteren auch mit seiner Familie. Mit der SPD, wo er und sein Bruder zunächst Mitglied waren, hatte er bald auch nichts mehr am Hut. So trat er aus – und war seither kein Mitglied mehr einer Partei. Jegliche Machtausübung und der damit meist verbundene Machtmissbrauch, Seilschaften, Klüngel und Bürokratie waren ihm sowieso ein Gräuel. Ein echter Anarchist war er eben, der sich deshalb auch Leuten wie den Indianern oder den Buren verbunden fühlte, die gegen übermächtige Staaten, Militärmaschinen und Industrien ankämpften, um ihre ureigenste Freiheit zu bewahren. Freiheit und Gerechtigkeit für alle und jeden – egal wer da auf der anderen Seite eben diese Güter bedrohte, das war Jörns Maxime!
Ein eigenes Auto hatte Jörn sehr früh: seine geliebte „Ente“. Der Landrover „Defender“ sollte allerdings zeitlebens sein Lieblingsauto sein, obwohl er selbst nie einen besaß.
1979 ging Jörn nach Korea, laut eigener Aussage, um mal etwas Neues auszuprobieren, und andere Erfahrungen zu sammeln. An der Korea-Universität in Seoul arbeitete er als Deutsch-Dozent. Gewöhnungsbedürftig waren dort in der ersten Zeit die vergleichbar einfachen Lebensumstände, Verkehr, Esskultur und natürlich auch die Restriktionen durch die Militärdiktatur. Ein paar Mal gerieten er und seine Studenten in gefährliche Situationen mit der Militärpolizei. Ab 1983 arbeitete Jörn als Dozent an der Kangweon-Universität in Chunchon . Außerdem unterrichtete er um 1985 noch am Goetheinstitut in Seoul. Für seine Studenten setzte er sich intensiv ein, baute ein Archiv mit Kassetten und Tonbändern auf, sorgte für Bücher … In mehreren Diplom/Masterarbeiten wird er mit Dank erwähnt. 1990 kam Jörn mit seiner koreanischen Frau und der kleinen Tochter Eva zurück nach Deutschland.
Zunächst hatten er und seine Frau vor, einen Laden mit koreanischen Kunstgewerbeartikeln zu betreiben, doch der lief nicht wirklich gut, und so arbeitete er hauptberuflich als Taxifahrer. Erfahrung hatte er schon Mitte der 1970er Jahre gesammelt. Er gehörte sogar zu den Gründungsmitgliedern des später von ihm so aufs Korn genommenen Hansa-Funks. Im Taxigeschäft kämpfte er unermüdlich für ein sauberes Gewerbe im Kleinen wie im Großen: von Chefs, die Sozialabgaben hinterzogen, bis zu Tourenverschiebungen und Korruption in den „Teppichetagen“, alles wurde ohne Rücksicht auf Verluste und Nachteile für sich selbst bekämpft. Schließlich auch im Internet, ab 2007 in seinem eigenen „Das freie Taxiforum“.
Über all den Kämpfen vergaß er natürlich auch seine Hobbies nicht: Science Fiction, allen voran Star Trek, und Reisen, wenn möglich, auf den Spuren großer Raumfahrereignisse oder historischer Events. Immer blieb er begeisterungsfähig und offen für neue Interessen. Seit er ab 2016 nicht mehr Taxi fuhr, erforschte er die Geschichte seiner Familie und kämpfte für Naturschutzbelange in Hamburg. Mit seiner dritten Frau Anke ging es nach Südafrika, Ägypten, und mehrfach in die USA.
Seinen Roman „Cityratten“ hatte Jörn 1999 begonnen und dann immer einmal wieder eine Szene geschrieben. Leider verstarb er im Frühjahr 2020, bevor er die immer geplante Überarbeitung und Fertigstellung in Angriff nehmen konnte. Seine Witwe Anke, Historikerin und ebenfalls Autorin, übernahm es, aus den Fragmenten eine Geschichte zusammen zu führen. Hierfür wurden Erinnerungen an Gespräche mit Jörn und von ihm festgehaltene Erlebnisse genutzt.
Bücher von Jörn und Anke Napp